10. Juni 2009

Teil 9: Rassemerkmale

Ein Zusammentreffen mit einer überaus bornierten Hundehalterin hat mich mal wieder an die Tasten getrieben. Die gute Frau behauptet nämlich steif und fest, das ihr Beagle jagt, weil er Beagle ist. Also denke ich, es ist an der Zeit, mit ein paar Rassemythen aufzuräumen.

Ich für meinen Teil halte nix , aber wirklich garnix von den Eigenschaften, die viele Leute einigen Hunderassen unterstellen. So sollen Beagle alle jagen, alle Terrierarten kläffen und nicht zuletzt sollen alle Staffords, Pitbulls und Co wilde Killer sein. Wenn ich sowas höre, bekomme ich Zahnbelag und mein sonst so sonniges Gemüt weicht einem vor Ironie und Sarkasmus zerfressenen Ich.

Wenn man mal von den Rassen weggeht und Hunde nach ihrem Gebrauchszweck sortiert, ergeben sich folgen Gruppen:
  • Begleithunde
  • Jagdhunde
  • Wachhunde
  • Spürhunde
  • Sozialhunde
  • Hütehunde

Geht man stur nach diesem Schema, so muss man feststellen, dass z.B. der Pudel einer der ältesten Wasser-Jagdhunde ist und die so beliebten Jack Russell und Yorkshire Terrier Rattenfänger. Bulldoggen sind eigentlich Hütehunde für Kühe und der Labrador war eigentlich mal dafür da, tote Wasservögel für Jäger aus dem Wasser zu holen.

Jetzt bleibt die Frage, warum die Pudel der Jacob Sister es stoisch verweigern, tote Enten aus dem Wasser zu holen und die meisten Huskys noch nie 'nen Schlitten gesehen haben.

Die Antwort ist so einfach, wie offensichtlich: Es gibt inzwischen zwei Gruppen innerhalb jeder Rasse. Zum einen die Arbeitslinien, deren H
unde gezielt darauf gezüchtet werden, die ihnen gestellte Aufgabe zu erfüllen, zum Anderen die Hobby-Linien, in denen es sogar denkbar unerwünscht war, wenn sie ebendiesen Aufgaben nachgingen.

Ich nehme mal an, dass alle Hundehalter hier Tiere aus Hobbylinien haben. Also hunde, die zwar vor einigen hundert Jahren als Arbeitshund gedacht waren, aber inzwischen nur noch aus Liebhaberei gezüchtet werden.

Zwar sind die früher bewusst durch die Zucht hervorgehobenen Fertigkeiten noch vorhanden, aber meist nur noch rudimentär und verkümmert. So ist es
möglich , dass der oben erwähnte Beagle gerne jagt. Aber nicht weil er Beagle ist, sondern einfach weil er gerne rennt. Und natürlich ist es wahrscheinlicher, dass ein Setter dem Karnickel hinterherrennt, als ein Chihuahua...aber es ist kein Automatismus.

In dieser Trennung von Hobby- und Arbeitslinien liegt auch ein gewisser Fluch. Als vor einigen Jahren Herdenschutzhunde wie der Kangal, der Ovtcharka und andere "in Mode" kamen, konnten der Bedarf nicht mehr aus den Hobby-Linien gedeckt werden. Also wurden Arbeitshunde an Laien verkauft, mit teilweise katastrophalen Folgen für Hund und Mensch.

Und über die von der Ballonseiden-Fraktion versauten "Kampfhunden" brauchen wir gar nicht zu sprechen...wusstet ihr, das z.b. Staffordshire Terrier, die ja bei uns als pauschal gefährlich gelten, im englischen Sprachraum als "Nanny Dogs" genannt werden? Und bevorzugt eingesetzt werden, auf kleine Kinder aufzupassen und mit ihnen zu spielen?

Unterm Strich kann man also sagen, dass viele Eigenschaften, die wir den Hunden unterstellen, nur noch in unserer Fantasie existieren.

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