10. Juni 2009

Teil 11: "Mein Hund hat Angst"....und andere Halter-Märchen...

Der Satz "Mein Hund hat Angst" kommt mir immer wieder zu Ohren. Lustigerweise haben die Hälfte der Hunde nicht nur keine Angst, sondern ein hohes Interesse an meinen beiden Mädels.


Leinenaggression
In den wenigsten Fällen hat wirklich der Hund Angst. Der panikerfüllte Teil ist, meiner Beobachtung nach, zu 80% der obere Teil der Leine. Zwar gibt es bestimmt einige Tiere, die von Natur aus Angst haben, aber bisher sind mir nur Hunde über den Weg gelaufen, die durch die Dummheit und Ignoranz ihrer Halter ängstlich wurden.



Hat ein Mensch Angst, fängt er an sich anders zu verhalten und Stresshormone auszuschütten. soweit eine normale Reaktion. Was man aber nicht vergessen darf ist, dass unsere Wuffs uns sehr gut kennen und eine fantastische Nase haben . Man kann davon ausgehen, das der Hund sogar vor seinem Menschen weiß das der Angst hat - unglaublich, aber wahr. Schließlich werden Hunde inzwischen als Epilepsie-Früherkennung eingesetzt und um Krankheiten wie Krebs zu erschnüffeln. Übrigens hat sich durch die Bank gezeigt, das diese Krebshunde eine höhere Trefferquote haben, als die bislang eingesetzten medizinischen Tests.

Was passiert also? Der Hund riecht (und merkt an unserem Verhalten) das wir Angst haben. Anders gesagt: Er merkt, das der Rudelchef vor etwas Angst hat. Natürlich reagiert er darauf verunsichert und ängstlich. Und da nicht nur der Mensch, sondern auch der Hund, Angst "lernen" kann, bleibt dieser Eindruck haften.

Hat man als Halter z.B. dauernd vor dem Zusammentreffen mit anderen Hunden Angst, konditioniert man seinen Hund darauf, beim Anblick fremder Hunde panisch zu reagieren. Nimmt man ihm dann noch durch eine hektisch an sich gezogene Leine auch noch die Fluchtmöglichkeit, züchtet man sich in unnachahmlicher Perfektion einen Angstbeisser heran.

Hunde haben nach meiner Beobachtung drei Stufen der Verteidigung:

Flucht - Krach schlagen - Kampf

Nehme ich ihm die erste Option (durch die kurze Leine), feuere ihn in der Zweiten sogar noch an (durch "Aus" rufen), geht er irgendwann natürlich in die Dritte über...und landet dann nicht selten im Tierheim oder beim Tierarzt.

Ähnlich verhält es sich beim Thema Aggressivität. Kein Hund ist auf die Welt gekommen, um alles und jeden zu verletzen. Erst nachdem wir Humanoide ihn dazu gedrängt haben (bewusst oder unbewusst...zu beurteilen was schlimmer ist, überlasse ich der geneigten Leserin/dem geneigten Leser) fängt der Hund an, sich gefährlich zu verhalten.


Aggression kann man grob in die folgenden Bereich unterteilen:

  • Territoriale Aggression: Der Hund verteidigt sein Revier...das kann auch der Platz an der Seite seines Menschen sein
  • Angstaggression: Nimmt man dem Hund wie oben beschrieben die ersten beiden Stufen der Verteidigung, wird er zum Besser...so sicher, wie das Amen in der Kirche
  • Verhaltensstörung: ein nicht instinktsicher erzogener Hund wird irgendwann einmal einen anderen Hund angehen. z.b. wenn er nicht gelernt hat wie kräftig er spielen kann, weil er nicht kommunizieren bzw. die Signale des Gegenübers nicht lesen kann, wenn er durch jahrelange Misshandlung (das muss nicht Schlagen heißen) in seinen Instinkten irgendwie gestört ist.

Tipps für den Halter:
  • Entspannen Sie sich. Denn wenn Sie ruhig in Begegnungen hineingehen, bleibt ihr Hund auch ruhig.*
  • Sollten Sie Angst davor haben, dass Ihr Hunde andere Hunde beisst, besorgen Sie sich einen Maulkorb***. Sie werden feststellen, dass dieser Korb Ihnen (nicht dem Hund) hilft, lockerer zu bleiben.
  • Achten Sie auf das Geschlecht des Gegenübers. Ein Rüde wird nur höchstselten eine Hündin attackieren, die Hündin den Rüden höchstens anzicken. Ältere Hunde regeln ihre Angelegenheiten subtiler als mit den Zähnen, die Jungen Wilden machen meistens nur Schau.**
  • Üben Sie. Belohnen Sie ihren Hund, wenn er sich gut verhalten hat. So wird er sehr schnell begreifen, dass andere Hunde nicht gefährlich sind und es noch was zu Futtern gibt.

Subsummierend: Der Hund macht nie Fehler. Die Fehler machen immer wir Menschen.

*: Aus der eigenen Erfahrung: Lena hat früher alles angezickt, was vier Pfoten hatte. Ich habe komplett falsch reagiert, indem ich sie angebrüllt habe, wie ein Irrer an der Leine zog usw. Irgendwann ging der Knoten auf und ich habe einfach nur noch "Ach Lena, halt die Klappe..." gesagt und mich nicht mehr gross aufgeregt. Binnen zwei oder drei Wochen war Lenas Verhalten um 180° gedreht. Kleine Hunde werden ignoriert, grössere nur noch dann angemacht, wenn sie anfangen...oder wenn Madame schlechte Laune hat ;)


**: Auch aus der eigenen Erfahrung: Emil, den ich drei Jahre bei mir hatte, hat sich in diesen drei Jahren ungefähr 40 oder 50 Prügeleien geleistet. Und ausser einem Unfall mit einem Cocker-Ohr und einigen geknickten Egos ist nichts, wirklich garnichts passiert.


***: Wohlgemerkt: Maulkorb, nicht Halti oder "Strumpf". Nur im Maulkorb kann ihr Hund richtig schnüffeln, atmen, hecheln. Haltis sind zur Erziehung gedacht, Maul"strümpfe" zur Fixierung des Mauls, z.B. beim Tierarzt.

HaltiMaulschlaufe Maulkorb




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